Das interessanteste Format der Debatten zwischen den Paderborner Kandidierenden zum Bundestag hatten zweifellos die Gewerkschaften. Am Dienstag im Café an den Fischteichen. In der Mitte liegt eine Art Monopoly mit den Kategorien Bildung, Wohnen, Mobilität, Arbeit, Wirtschaft, Demokratie, Umwelt, Soziales, Wohnen, Wirtschaft, Bildung, Arbeit, Soziales und Umwelt. Zwei Publikumsfragen, zwei Schätzfragen und statt des Gefängnisfeldes heißt es Die Gewerkschaften und ich …“
Ein großer Würfel wird (etwas zaghaft) geworfen. Die parteifarbigen Kegel hüpfen von Feld zu Feld. Zwei Minuten Zeit für Antworten und zwei Ausrufekarten für Konter, die im Anschluss zerrissen werden müssen. Der große Gewinn: Die Fragen wechseln, die Antworten fallen kurz und größtenteils prägnant aus.
Manchmal auch nicht. Wenn beim Demokratie-Feld Rose Özmen von der FDP nichts mit der betrieblichen Mitbestimmung anfangen kann. „Mir fehlt die Fantasie, dass man demokratische Verfassung, sehr schwierige Frage …“ So driftet die FDP-Kandidatin bei ihrer Antwort zu Digitalisierung eines globalen Konzerns ab.
Mein Veto: Das Unterwandern und Schwächen von Arbeitnehmer*innenrechte stellt für mich eine absolute Katastrophe dar. Und mit ihren Entfesselungsgesetzen versuchen die Schwarzgelben die Errungenschaften der Mitwirkungsgesetze auszuhebeln und die Möglichkeiten von Zeit- und Leiharbeit auszuweiten. Tarifverträge machen den Unterschied und wir brauchen starke Gewerkschaften, das zeigte die grüne Anfrage von Beate Müller-Gemmeke. Wer nach Tarifvertrag bezahlt wird, verdient bis zu 50 Prozent mehr als vergleichbare Beschäftigte ohne Tarifvertrag. In tarifgebundenen Unternehmen reichen die Löhne für ein gutes Leben. Deshalb ist es dramatisch, dass nur noch die Hälfte der Beschäftigten zu tariflichen Bedingungen arbeitet. Die Rahmenbedingungen müssen wir so verändern, dass wieder mehr Beschäftigte von Tarifverträgen profitieren und die Tarifbindung gestärkt wird. Öffentliche Aufträge Öffentliche Aufträge sollen nur noch für Firmen vergeben werden, die mindestens tariflich bezahlen.
Wirklich äußerst schade ist, dass Carsten Linnemann vor Ort nicht präsent war. Den Chef der Mittelstandsvereinigung und das CDU-Bundesvorstandsmitglied hätte ich ja sehr gern gebeten, den krassen Widerspruch aufzuklären: Auf den Plakaten dick für Erneuerung, Aufbruch und Reform zu werben, aber zwölf Jahre lang mit an den Schalthebeln der Macht gesessen zu haben. Der Direkt-Kandidat der CDU zog es vor, in Iserlohn und Bergisch-Gladbach Wahlkampfauftritte zu absolvieren. Den Wirtschaftslobbyisten vertrat Bernd Schulze-Waltrup von den CDA – quasi der Sozialflügel der CDU.
Dabei gibt es – das zeigten die Anfangsminuten beim DGB – im Paderborner Land höchst prekäre Arbeitsverhältnisse. Das Faethe-Labor testet für den Saftimperium Stute und hat nach zwanzig Jahren jetzt zu einer Lohnerhöhung für die Lebensmittel-Chemiker*innen durchgerungen: Auf 13 Euro ungrad. Eigentlich verdienen Fachkräfte der Lebensmittelkontrolle, erklärte der NGG-Sekretär, mindestens 18,49 € stündlich. Für Montag sind alle Kandidierenden zu einem Solidaritätsbesuch bei den Streikenden eingeladen. GewerkschaftsGRÜN kommt auf jeden Fall.
Die heftigsten Wortgefechte gab es auf dem Feld Klimaschutz. Da wurden auch die meisten Veto-Karten gezückt. Zwischen uns Grünen und der SPD und Linken zeigten sich hier große Übereinstimmungen, Ideen wie die Transformationskonzepte der IG Metall aufzugreifen. Eigentlich ist die Wirtschaft längst weiter als die politisch Verantwortlichen. Selbst in der Autobranche. Das Unternehmen, bei dem ich arbeite, will bereits 2025 klimaneutral agieren. Und zwar insbesondere deshalb, weil die Kunden dies erwarten.
Die FDP-Linie ist, absolut nicht eingreifen zu wollen in die Freiheit der Menschen. Uns Grünen wirft Özmen Enteignungen und Verbotspolitik vor. Eine alte Leier, die an den Fischteichen nicht verfängt. Der Widerspruch von der CDU-Seite: Klimaschutz sei ein globales Thema, Deutschland solle keine Alleingänge riskieren, weil es am Ende das ökologische Handeln Jobs in Deutschland kosten würde.
Zwischenruf eines jungen Gewerkschaftlers: „Ihr von der CDU sagt nie konkret, wie ihr das mit der Klimaneutralität machen wollt.“ Dabei müsse es klare Regeln und Vorgaben geben.“ Lachet drücke sich vor eindeutigen Aussagen und schiebe anderen die Verantwortung zu. Der Geist von FridaysFor Future schwebt durch den Raum. „Wir sind hier, wir sind laut, weil ihr uns unsere Zukunft klaut!“
Aber sonnenklar ist doch, dass die Untätigkeit der klein-groß-koalitionär Regierenden von CDU und SPD beim Klimaschutz jetzt dazu geführt hat, dass in immer kürzerer Zeit immer größere Einsparungen gemacht werden müssen. Jetzt in den Klimaschutz investieren ist alle Male besser als Schäden zu regulieren. Wie gesagt: Wir brauchen eine Klimaregierung.
Trotz aller notwendigen Kontroverse reichte es am Schluss für alle Kandidierenden für ein versöhnendes Abschlussbier mit dem DGB-Kreisvorsitzenden.